Seinen Ruf hat er weg.
Zweifelsohne: Thomas
Der Ungläubige.
Der Zweifler.
Der Skeptiker.
Dieser Ruf hat
ihn populär gemacht.
Und zu einem von uns.
Thomas – unser Zwilling.
Das Evangelium erzählt,
dass er unser Mann vor Ort ist,
während die anderen sich ängstlich
und kleinmütig, sich darüber im
Unklaren, wie es denn jetzt
für sie alle weitergehen kann,
eingeschlossen haben.
Thomas passt wie
kein anderer Apostel
in unsere Zeit.
Er will begreifen, nicht
leichtgläubig sein. Worte
allein können ihn nicht
überzeugen. Noch nicht!
Erst was er selbst
geprüft hat, das gilt.
Informationen aus zweiter
Hand sind nicht sein Ding.
Die eigene Hand muss
im Spiel sein.
Bevor die Botschaft von
Ostern um die Welt geht,
befindet sich eine verängstige
Gruppe hinter verschlossenen
Türen.
Dagegen ist Thomas erst einmal
von der Bildfläche verschwunden
und gänzlich abgetaucht. Das war
seine Reaktion auf die Erfahrung
des Karfreitags.
Als die Jünger sich wieder
versammeln, ist er nicht dabei.
So verpasst er auch die erste
Begegnung mit dem Auferstandenen
und dessen Geschenk, den Geist.
Beim nächsten Mal dann,
taucht er wieder auf. Zuvor formuliert
der Skeptiker seine Bedingungen für den
Glauben: Er will handfeste
Beweise. „Wenn ich nicht …“
Und als sei er nur für
Thomas gekommen, wendet Jesus
sich sofort an ihn. Die Einladung
steht: „Streck deinen Finger …
streck deine Hand aus …
Ist Ihnen schon einmal
aufgefallen, dass überhaupt
nicht davon die Rede ist, ob
Thomas dies tatsächlich auch
getan hat und der Aufforderung
Jesu gefolgt ist?
Stattdessen folgt ein Bekenntnis
auf dem Fuß, unmittelbar, sofort:
Mein Herr und mein Gott …
Was war es das Thomas
dazu gebracht hat? Was bringt
ihn zu diesem fast lehrbuchartigen
Bekenntnis?
Viele Kunstwerke, die diese
Szene mit Jesus und Thomas
ins Bild bringen zeigen:
Thomas berührt Jesus.
Thomas streckt seine Hand aus.
Thomas Hand wird von Jesus
selbst geführt.
Nur so entsteht Glaube.
Durch Berührung.
Damals wir heute.
Auch unserer eigener
Glaube braucht die Berührung
mit dem Geheimnis, eine
Offenbarung, die unter die
Haut geht, bis in die Tiefe
reicht.
Was hat Sie selbst in den
vergangenen Ostertagen
berührt? Und welche Berührung
hat Sie wiederum Ihrem eigenen
Glauben nähergebracht?
Die Begegnung zwischen
Thomas und Jesus macht
den Apostel zu einem
Privilegierten.
Zugegeben: Am Ende
preist Jesus einen Glauben
selig, der auf Vertrauen gründet
und nicht auf Sehen beruht.
Unsere Not ist auch
unser Privileg.
Dennoch, den Finger
auf die Wunde legen, das
musste einer tun.
Nie verstummten
Zweifel hegen, das durfte nicht
unterbleiben. Wo kämen
wir sonst in diesem Stück vor?
Warum diese Angst, fragt
Lothar Zennetti, und
diese verschlossenen Türen
noch fester verschlossen und
abermals Riegel und Gitter
davor und abgesichert die
Fenster nach draußen.
Drinnen Personenkontrolle:
was denkst, was glaubst,
was bekennst du?
Es könnte ja immerhin
sein, dass ein Thomas unter uns ist,
der da zweifelt am Ostergeschehen
und rüttelt, was weiß ich, dazu noch
am heiligen Stuhl und der Stellung
der Frau in der Kirche und wagt
womöglich am Ende, die
Vertikale des Glaubens
aufzulösen in Mitmensch-
lichkeit.
Warum diese Angst,
als wäre noch immer nicht
Ostern? Beurlaubt endlich die
Wächter am Grabe, tut auf die
verschlossenen Türen, denn Jesus
ist siegreich erstanden!
Was seid ihr so furchtsam,
lacht er uns an. Seht doch, ich
lebe, ihr zitternden Zeugen,
singt Halleluja!
Gott segne unseren Glauben,
dass wir Heil erlangen.
Er segne unseren Glauben,
dass er sich in Prüfungen
bewährt.
Er segne unseren Glauben,
dass wir ihn ergreifen können.
Er segne unseren Glauben,
dass er alles Trennende
überwindet.