Ostermontag

Ostermontag


Es ist eine Geschichte,

die es in sich hat, diese

Erzählung von den Zwei,

den Jüngern, die ihres Weges gehen

und alles Bisherige

versuchen hinter

sich zu lassen.


Was ist das Berührende,

was das Ansprechende,

das Bewegende an dieser

Geschichte?


Der Weg, von dem sie

erzählt, lädt mich selbst

dazu ein, ihn mitzugehen

über all die Höhen und

Tiefen der Protagonisten

hinweg und mich einzulassen

auf sie und das, was sie

betrifft, was sie beschäftigt,

wovon sie erzählen.


Und er lädt mich ein,

für mich selbst einen Weg

zu finden, aus all dem heraus, was mich

in meinem ganz eigenen Leben

hinhält, niederdrückt, traurig sein lässt

und verzweifelt und mich meines

Glaubens an Gott, an den anderen

und auch an mich selbst

unsicher macht.


Auf dem Weg der beiden

Jünger begegne ich auch

meinen ganz eigenen Enttäuschungen,

Schicksalsschlägen und Rückschlägen,

dem, was mich weinen lässt,

dem, was mich fassungslos macht

und sprachlos und auch dem

vielen anderen, das mich wieder

hoffen lassen will, gegen den

Augenschein und Mut

macht, meinen Sehnsüchten

nachzuspüren und mich von

meinen Träumen leiten

zu lassen.


Manchmal kann dies jedoch bedeuten,

einen langen Weg gehen zu müssen.

60 Stadien und mehr – ein

ganzes Leben.


Es kann bedeuten, einen Weg gehen

zu müssen, der nicht von heute auf

morgen zu schaffen ist, der Zeit

braucht, Perspektivenwechsel

notwendig macht, das Hinhören auf

das eigene Innere und auf eine Wahrheit,

die im Augenblick nicht die meine

ist, vielmehr sich über mir und

meinem Leben ausbreiten

will.


„In den entscheidenden Fragen

unseres Glaubens und Lebens

gibt es keine Abkürzungen“, sagt

Franz Kamphaus, „da muss man

sich Zeit lassen und Geduld haben

und es ist gut zu wissen, dass wir

Jesus nicht erst am Ende des

Weges begegnen, sondern

bereits unterwegs.“


Unterwegs fragt Jesus

seine Jünger, was sie so sehr

betroffen macht und in sich

versunken sein lässt. Er fragt

sie nach dem, was ihnen

auf dem Herzen liegt,

sie bedrückt und sie so

niedergebeugt ihres Weges

gehen lässt.


Zunächst sind sie erstaunt

über die Nachfrage des Mannes,

der sich zu ihnen auf den Weg

begibt und ihnen diese sonderbare

Fragen stellt. Doch dann, doch dann

sprudelt es geradezu aus ihnen

heraus. Sie sprechen sich alles

von der Seele. Sie machen sich

Luft. Die Aufmerksamkeit

Jesu, sein Interesse an dem,

was mit ihnen ist und wie es

ihnen geht, lädt sie dazu ein.


Was hätte ich persönlich

von meinen ganz eigenen Enttäuschungen,

Verwundungen, Verletzungen, Rückschlägen,

Zweifeln zu erzählen? Was liegt mir selbst schwer

auf dem Herzen? Macht mir das Atmen

schwer? Drückt mich nieder?

Möchte ich mich von Jesus

fragen lassen? Will ich ihm

eine Antwort geben?


Die Möglichkeit dazu hätte ich.

Jesus geht auch meinen Weg

mit. Er erwartet mich nicht

erst an dessen Ende, sondern

jetzt und heute, hier.


Jesus erklärt den Jüngern

die Bedeutung der Schrift.

Er legt ihnen die Zusammenhänge

dar, erklärt, dass eins in das andere

greift und dass es genauso kommen

musste und nicht anders.


Die Frage scheint mir interessant.

Gibt es größere Zusammenhänge

in meinem ganz eigenen Leben?

Einen roten Faden, an dem sich

alles entlangbewegt und

der sich immer weiter

ausrollt, auf ein

mögliches

Ziel zu?


Auf den Ursprung hin,

von dem ich komme und

zu dem ich zurückkehre?

Auf Gott?


Es heißt, dass den Jüngern

die Augen aufgehen. Wie Schuppen

fällt es ihnen von den Augen.

Sie erkennen. Sie sehen.

Sie verstehen.


Beim Brechen des Brotes

wird die Wahrheit, die sich

zuvor über ihr Leben

gelegt hat, zu ihrer

ganz eigenen, inneren

Wahrheit.


Die Wahrheit über

den Auferstandenen

bringt sie wieder auf den

Weg. Und dieses Mal

laufen sie nicht davon.

Im Gegenteil, sie machen

sich auf den Weg, der sie

zurückführt, an den Ort,

an dem alles begann.


„Im Brotbrechen ist er da,

der ganze Jesus, die Summe

seines Lebens und Sterbens“,

sagt Franz Kamphaus. „Da gehen

den beiden Jüngern die Augen

auf, sie erkennen Jesus.“


Wofür öffnet Ostern ihnen

ihre ganz eigenen Augen?

Was lässt Ostern Sie begreifen

und verstehen?

Welche Hoffnung ruft Ostern

in Ihnen persönlich wach?

Welches Vertrauen lässt Ostern

in Ihnen selbst neu erstehen?


Ich meine ein Vertrauen,

das wirklich und tatsächlich

allen Finsternissen wehrt,

die im Augenblick zu einem konstanten

Bestandteil und Begleiter unseres Lebens

geworden sind, uns Sorgen bereiten

und Angst, uns so hilflos sein

lassen und ohnmächtig.


In einem protestantischen

Liedtext von Hanns Köbler heißt es:


"Ich möcht', dass einer mit mir geht,
der's Leben kennt, der mich versteht,
der mich zu allen Zeiten kann geleiten.
Ich möcht', dass einer mit mir geht.
 
Ich wart', dass einer mit mir geht,
der auch im Schweren zu mir steht,
der in den dunklen Stunden mir verbunden.
Ich wart', dass einer mit mir geht.
 
Es heißt, dass einer mit mir geht,
der's Leben kennt, der mich versteht,
der mich zu allen Zeiten kann geleiten.
Es heißt, dass einer mit mir geht.
 
Sie nennen ihn den Herren Christ,
der durch den Tod gegangen ist;
er will durch Leid und Freuden mich geleiten.
Ich möcht', dass er auch mit mir geht."


Es ist gut zu wissen,

dass wir Jesus nicht erst am Ende

unseres Weges begegnen,

sondern immer schon

unterwegs.

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