6. Sonntag nach Ostern

6. Sonntag nach Ostern - Joh 16,23-29


Jetzt kann man

sie wieder steigen sehen,

hoch in die Luft, dem Himmel

entgegen.


Kleine Luftballons

mit einem Faden dran,

an dem eine Karte

hängt. Anlässe zum

Steigenlassen der

Ballons gibt es

zu genüge:


Hochzeiten.

Jubiläen.

Kindergeburtstage.

Um nur einige Beispiele

zu nennen.


Eine Freundin

erzählte mir, dass sie

unlängst einen blauen

Luftballon in ihrem

Garten gefunden

hätte, einen Ballon

mit einem Zettel

dran:


„Ich wünsche euch,

dass eure Beziehung

in Bewegung bleibt,

alles ist besser als

Langeweile“, stand

darauf zu lesen.


Die Fahrt eines

solchen Ballons findet

konsequenterweise

immer dann ein Ende,

wenn zu wenig Luft

in dem Ballon ist, oder

er einfach, aus welchen

Gründen auch immer,

platzt.


Dann landet

er irgendwo.

Manchmal

wird er gefunden,

manchmal aber

auch nicht.


Mir geht der kleine

blaue Luftballon nicht

aus dem Kopf.

Wer weiß wie lange

er in der Luft gewesen

ist. Möglichweise kam

er schneller auf den

Boden zurück, als

dem Absender lieb gewesen

ist und dies mit

einer Botschaft

an seinen Finder.


Die Karte, so verriet

mir meine Freundin,

war Anlass zu einem

langen Gespräch zwischen

ihr und ihrem Mann.


Ich überlege mir,

welche Botschaften Jesu

uns Menschen Anlass zum

Gespräch und auch

zum Handeln geben

könnten.

 

Gerade

in einer Zeit wie dieser,

mit all ihren Herausforderungen

und Ungereimtheiten, mitten

in den Zustand unserer Welt

hinein, in der sie sich

befindet.


Ich taste mich an den

Sätzen des heutigen

Evangeliums entlang.

Es hält genügend Worte

bereit, die durchaus

auf einer Karte stehen

könnten.


„Wenn jemand mich

liebt wird er mein Wort

halten.“


Dieser Satz verweist

mich auf das, was Jesus,

solange er auf Erden

war, den Menschen

zu sagen hatte:


Über Gott,

und sich selbst,

über den Menschen

und das Leben,

über die Liebe,

und die Vergebung,

über die Güte,

und die Barmherzigkeit,

über den Sinn, der über

allem liegt und den Absichten

Gottes mit dem Leben

des Menschen.


Es erinnert mich an

das Gleichnis vom Hausbau

und Jesu Einladung,

als Fundament des

eigenen Lebens sein

Wort zu nutzen

und nichts anderes,

weil eben nur sein Wort

den Halt zu bieten

hat, den das Leben

braucht.


Gibt es ein

Wort Jesu,

das nachhaltig

ihr Leben geprägt

hat?

Ein Wort, das ihnen

die Richtung

weißt?

Ein Wort, das sie nicht

verzagen lässt in Zeiten,

in denen die Hoffnung

spröde wird?


„Mein Vater wird ihn

lieben und wir werden

zu ihm kommen und bei

ihm Wohnung nehmen.“


Bin ich mir bewusst,

dass Gott in mir sein Zuhause

hat? Er wohnt in mir. Er ist da.

In mir zugegen.


Was macht dieses Wissen

mit mir? Ist es mir unheimlich?

Macht es mir Angst, dass

Gott mir so nah kommt?

Oder freue ich mich

über seine Gegenwart

in meinem Leben,

in meinem Atmen,

in jedem Pulsschlag?


Gott hat aber nicht nur

in mir sein Zuhause.

Auch im Menschen

neben mir ist Gott

daheim:


„Von hinten und

von vorne hast du mich

umschlossen, hast auf

mich deine Hand

gelegt.“ betet

der Psalmist und weiter:

„Zu wunderbar ist für

mich dieses Wissen,

zu hoch, ich kann es

nicht begreifen“

(Psalm 139)


Das Wissen, dass Gott

in jedem Menschen

sein Zuhause hat,

könnte eine ganze

Welt verändern.


Dazu muss

dieses Bewusstsein

unter uns Menschen

wachsen, immer mehr.


Wir dürfen es nicht

zulassen, dass die

Gottesherrlichkeit

eines Menschen mit

Füßen getreten wird.


Auch die Schöpfung

will Gottes Zuhause sein.

Wir gehen sehr oft nicht weniger

unachtsam mir ihr um,

als mit unseren

Mitmenschen.


„Weißt du, wo

der Himmel ist,

nicht so hoch da oben,

sag doch ja

zu dir und mir,

du bist aufgehoben“

schreibt Wilhelm

Willms.


Fühle ich mich in

Gott aufgehoben?

Spüre ich mich bei

ihm geborgen?

Weiß ich mich

von ihm geliebt?

Gestehe ich anderen

diese Liebe Gottes

zu? Ein „Ja“ hat

Konsequenzen!

Unbedingt!


„Der Beistand, der

Heilige Geist“ ist die Konsequenz

des Weggehens Jesu von

seinen Jüngern.


Ihn

sagt er ihnen zu.

Er ist es, der fortan

in seiner Kirche wirken

soll, sollte, muss!


Sich dem Wirken des

Heiligen Geistes zu entziehen,

bedeutet, sich

ihm zu entziehen,

Christus.


Spüre ich das Wirken

des Geistes?

In mir?

In meiner Gemeinde?

In meiner Kirche?

In dieser Welt?

Von Mensch zu Mensch?


Sein Wirken hat es

in sich. Stellt alles auf den Kopf.

Schafft etwas neues. Eine

andere Welt. Macht einen

anderen Menschen aus

uns. Lässt auch eine

andere Kirche entstehen.


Allerdings muss ich

dies auch wollen.

Sich auf den Geist

einlassen, bedeutet,

sich einem Risiko aussetzen.

Ich weiß nie, was dabei

herauskommt, wenn ich

ihm das Ruder überlasse.

Möglichweise segelt

er mit mir dorthin,

wo ich es niemals

vermutet

hätte.


Bin ich bereit,

mich darauf einzulassen?

Ist die Kirche dazu bereit?


Chancen böte es

mit Sicherheit.

Für den einzelnen.

Für die Kirche.

Für die Welt.


Wenn wir uns daran

erinnern lassen wollen,

wie Jesus seine Gemeinde

gewünscht hat, dann müssen

wir ihm das Sagen lassen.

Wesentlich für uns wäre

dabei das Hinhören auf

das, was er seinen

Gemeinden zu sagen

hat, der Geist.


Unsere Welt ist zerrissen.

Die Menschheit ist gespalten.

Unsere Augen sehen vor allem

und zumeist Zerstörung, Angst, Krieg, Leid.

Dorthin schickt Jesus sein Wort:


„Frieden hinterlasse ich

euch, meinen Frieden gebe

ich euch, nicht wie die

Welt ihn gibt, gebe ich

ihn euch.“


Waffen können keinen

Frieden schaffen.

Waffen zerstören.

Waffen töten.


Gedanken des Hasses

und der Vergeltung tun

es auch.


Frieden schaffen mit

einem offenen Herzen

für den anderen;

mit offenen Händen,

die sich versöhnend

dem anderen

entgegenstrecken;

das bleibt gefragt.

das bleibt gefordert.


Es ist viel Luft nach

oben. Über den eigenen

Schatten zu springen,

will gelernt sein.

Übende bleiben

wir ein Leben lang.


Wir hätten viele Gründe

am Leben zu verzweifeln.

Grund auch an Gott

in die Irre zu gehen.

Erst recht an unserem

Gegenüber.

Und immer wieder

auch an uns selbst.


Jesus weiß das wie

kein anderer Mensch.

Und er weiß auch,

was er vor dem Hintergrund

dieser Erfahrungen den

Menschen zusagt:


„Euer Herz beunruhige

sich nicht und verzage

nicht.“


Es ist die Angst vor

der Zukunft, die mehr oder

weniger in uns allen steckt.

Eine berechtigte Angst.


Wo kommt unser Herz

zur Ruhe? Wo finden wir

uns aufgehoben?


Ich blicke auf die Zeilen

eines bekannten Liedes,

das zumeist dann erklingt,

wenn es um Tod und

Leben geht:


„Meine Zeit steht in deinen

Händen. Nun kann ich ruhig

sein, ruhig sein in dir. Du gibst

Geborgenheit, du kannst alles

wenden. Gib mir ein festes Herz.

Mach es fest in dir.“


Vielleicht ist es jetzt

an der Zeit, einen ganz

eigenen Luftballon

in die Höhe steigen

zu lassen. Mit einer Karte

dran, mit der wir uns

ganz persönlich an

ihn wenden, der um

die Regungen unseres

Herzes weiß.


Was hätten Sie Gott

zu schreiben, zu sagen?

Tun Sie es. Schreiben Sie

es nieder. Zuhause.

Auf eine Karte.


Entweder sie finden

eine Möglichkeit, sie

tatsächlich mit einem

Ballon in den Himmel

zu schicken oder

aber sie legen diese

Karte an einem besonderen

Ort ab.


Ganz gleich, wie Sie

sich entscheiden, bleiben Sie sich gewiss,

dass Ihre Worte und Gedanken durch

die Wolken des Himmels

dringen werden, dorthin, wo

Ihr Bitten und Rufen

erhört werden.

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