Zukunft




Zukunft - Joh 8,1-11



Huub Oosterhuis,

ist ein niederländischer

Priester. Die meisten von uns

werden ihn kennen als Dichter

vieler Lieder in unserem

Gottlob und Verfasser

liturgischer Texte und

Gebete.


„Ich steh vor dir mit

leeren Händen, Herr“,

dürfte eines der bekanntesten

Lieder sein, das man im

deutschsprachigen Raum

mit seinem Namen

verbindet.


„Ich steh vor dir mit

leeren Händen, Herr,

fremd wir dein Name

sind mir deine Wege.


Seit Menschen leben

rufen sie nach Gott;

mein Los ist Tod, hast du

nicht anderen Segen?


Bist du der Gott, der

Zukunft mir verheißt?

Ich möchte glauben,

komm mir doch

entgegen.“


Diese Zeilen wiegen

schwer. Sie verraten

Unsicherheit und Zweifel.

Es scheint, als ob vieles

im Leben dessen, der sich

hinter diesen Wörtern

verbirgt ins Wanken

geraten ist. Nichts scheint

mehr sicher zu sein. Sogar

der Glaube an Gott ist

angefragt.


Ich kenne solche Momente

aus meinem eigenen Leben.

Ich bin sicher, dass sich auch

der ein oder andere von Ihnen

in diesen Zeilen wiederfinden

wird.


Unsicherheit,

Zweifel und Angst,

Misstrauen, Hoffnungslosigkeit

und Glaubensschwund, das

Fallen ins Bodenlose, haltlos

und nicht abgesichert zu sein –

das Leben kennt viele

Momente, die diese Stimmungen

und Regungen und Gefühle

heraufbeschwören können.


Wann gab es sie in Ihrem

eigenen Leben? Können Sie sich

noch daran erinnern? Was war es,

das Sie so niedergedrückt hat?


„Bist du der Gott, der

Zukunft mir verheißt?

Ich möchte glauben,

komm mir doch

entgegen.“


Manchmal kann dabei

selbst Gott zu einer Frage

werden? Ist überhaupt noch

mit ihm zu rechnen? Sieht er

mich noch? Kann ich mich

auf ihn tatsächlich verlassen?

Wo ist er überhaupt? Ich

spüre seine Nähe nicht

mehr! Hat er mich

aufgegeben?


Solche Fragen sind so alt

wie die Menschheit.


Wie oft mag sich das Volk

Israel diesem Zweifel ausgesetzt

gefühlt haben? Erinnern wir

uns an das Babylonische Exil.


Bei all dem, was es in diesem

fremden Land zu erdulden hatte,

kam mit Sicherheit mehrfach die

Frage auf, ob Gott tatsächlich

noch an seinem Versprechen

festhält, aus diesem Volk

ein Segen für alle werden

zu lassen.


Der Prophet Jesaja lädt sein

Volk dazu ein, nicht mehr

länger über diese Zeiten

der Verunsicherung und des

Exils nachzudenken.


„Denkt nicht mehr an das,

was früher war, auf das,

was vergangen ist, achtet

es nicht mehr! Siehe ich

mache etwas Neues.“


„Bist du der Gott, der

Zukunft mir verheißt?

Ich möchte glauben,

komm mir doch

entgegen.“


Jesaja beantwortet

diese Frage mit einem

eindeutigen Ja!


Ja, der Gott eurer Väter, der

Gott Abrahams, Isaaks und

Jakobs ist ein Gott der Zukunft!

Er lässt den Menschen

nicht verlorengehen.

Er holt ihn heraus aus

dem, was immer ihn gefangen

hält und am Leben hindert.

Er will nicht den Tod von

Menschen. Gott will,

dass der Mensch

lebe.


Wenn es nach dem Ermessen

der Pharisäer und Gesetzeslehrer

gegangen wäre, dann hätte

die Frau, die beim Ehebruch

ertappt worden war, am Ende

tot am Boden gelegen.

Blutüberströmt mit

gebrochenen

Knochen.


Doch Gott mischt sich ein.

In Jesus tritt er dazwischen

und macht die Absichten der

vermeintlich Frommen zunichte.

Am Ende lassen alle die Steine

fallen. Und einer nach dem

anderen geht davon.


„Hat dich niemand verurteilt?

Sie antwortete: Keiner, Herr.

Da sagte Jesus zu ihr:

Auch ich verurteile dich nicht.

Geh und sündige von

jetzt an nicht mehr.“


„Bist du der Gott, der

Zukunft mir verheißt?

Ich möchte glauben,

komm mir doch

entgegen.“


Eindeutiger kann Gott

einem Menschen nicht zeigen,

wie sehr er ihm entgegenkommt.

Auch hier gilt: Gott macht etwas

Neues. Gott schenkt Zukunft.

Aufrecht kann die Frau

davongehen.


Ich lade Sie ein, einmal

genauer hinzuschauen:


Wann und wodurch haben

Sie in der ganz eigenen und

persönlichen Krise verspürt,

dass Gott etwas Neues

für Sie schafft? Wie hat sich

das Neue angedeutet?

Durch was und durch

wen?

Gott ist Zukunft.

Mit uns gestaltet Gott

Zukunft. Nie an uns vorbei,

nie ohne uns.


Damit Zukunft werden kann,

müssen wir uns die Dinge zunutze

machen, die zukunftsfähig sind.

Dinge, die Zukunft versprechen

und halten, was sie

versprechen.


„Bist du der Gott, der

Zukunft mir verheißt?

Ich möchte glauben,

komm mir doch

entgegen.“


Wenn Gott uns tatsächlich

Zukunft verheißt, wenn er

unsere Zukunft ist, dann

gilt es im Vertrauen auf ihn

das Leben zu gestalten,

sich den Herausforderungen,

die das Leben mit sich bringt,

zu stellen und sie solidarisch

zu lösen.


Das gilt für die Welt.

Das gilt für die Kirche.

Das gilt für jeden Menschen.


Wir alle sind eingeladen,

in die Zukunft aufzubrechen

und hineinzuwachsen, die Gott

für uns schon längst

bereithält, mit der wunderbaren

Verheißung in unserem Herzen,

die der Prophet uns allen

zukommen lässt:


„Siehe, ich mache etwas

Neues. Schon sprießt es, merkt

ihr es nicht? Ja ich lege einen

Weg an durch die Wüste und Flüsse

durchs Ödland … ich lasse in der

Wüste Wasser fließen und

Flüsse im Ödland, um mein

Volk, mein erwähltes,

zu tränken.“


Mit einem Gedicht von

Huub Oosterhuis möchte ich

diese Zusage verstärken:


„Er, der gesprochen

hat ein Wort, das bahnt

durch Wüsten einen Weg,

der führt zum Leben.

Spuren von Licht.

Der Schriftzug seiner Hand

ist am tiefschwarzen

Himmel noch zu sehen: durch ihn

bricht ein neuer Morgen für uns an.

Er ruft uns zu: „Ich werd nicht

von dir gehen.“


Er, der für seinen Dienst uns

werben will, und unsere Hand selbst

anzuhalten wagte. Der unsere Angst

und Not getilgt und uns bis jetzt

auf Händen hat getragen. Er, der die

Sehnsucht weckt, die Sehnsucht

stillt – hab Mut, er geht mit uns den

Weg von Tagen.


Von dir ist diese Welt und diese Zeit.

Du lässt bis heute deine Stimme klingen.

Dein Name: Kämpfer für Gerechtigkeit,

dein Wort die Quelle ist, aus der wir trinken.

Dass du auch weiter unsre Zukunft seist

und wir nicht ziellos in Verzweiflung

sinken.“


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