7. Sonntag nach Ostern

7. Sonntag nach Ostern - Joh 17,20-26


Ein frommer Wunsch.

Zu fromm, um wahr zu

sein: Alle sollen eins sein.


Diese Welt und ihre

Menschen sind es nicht.

Zu einem großen Teil

nicht. Und die Kirche

ist es auch nicht.

Nicht einmal

Gemeinden

sind es.


Das ist Fakt.

So ist das Leben.

Wohin ich blicke,

entdecke ich immer

auch:


Zerrissenheit,

Feindschaft,

Uneinigkeit,

Trennung,

Spaltung,

Zerwürfnis,

Bruch,

Differenzen,

Abstand,

und Streit.


Der Krieg in der Ukraine

ist ein Beispiel von vielen,

dass fromme Wünsche

im Sand verlaufen

müssen.

Sie verkennen

die Wahrheiten dieser

Welt. Unterschätzen

die Macht des Bösen.


Die Teilung der Christenheit

ist und bleibt der große

Skandal in den Augen

vieler in ihren Kirchen engagierter

Menschen. Sie macht Kirche

unglaubwürdig. Schadet

ihrem Ansehen, wie

viele andere Dinge

in ihr auch.


Wie viele Beziehungen

unter Menschen gehen

in die Brüche, weil kein

Zusammenhalt mehr

da ist, weil Menschen

sich auseinandergelebt

haben. Es keine

gemeinsamen Nenner

mehr für sie gibt.


Hinzu kommt die ganz

eigene innere Zerrissenheit

eines Menschen, der mit

sich nicht mehr im Reinen

ist; der aus dem Gleichgewicht

geraten ist; der nicht mehr

in sich selber zur Ruhe

findet.


Ein frommer Wunsch.

Zu fromm, um wahr zu

sein: Alle sollen eins sein.


Doch ginge es nicht

gerade darum, dass der Mensch

und mit ihm diese Welt wieder

zu ihrem inneren Gleichgewicht

zurückfinden?  Zu dieser Balance,

die jeder Versuchung zur

Zerrissenheit wehren

kann?


Solange der einzelne

Mensch mit sich nicht

eins ist, solange ist es auch

die Welt um ihn herum nicht,

kann es nicht sein, und die

Welt im Großen auch nicht,

denn das fehlende innere

Gleichgewicht eines Menschen

hat Auswirkungen

nach außen. Zieht

seine zerstörenden

Kreise. Wirkt

toxsisch.


Ein frommer Wunsch.

Zu fromm, um wahr zu

sein: Alle sollen eins sein.


Der Wunsch Jesu

verwirklicht sich über den

einzelnen Menschen und mit ihm.

Niemals an ihm vorbei und

ohne ihn. Das hat dann

Folgen, Konsequenzen

für alle Beteiligten.


Nicht dass uns

solche Momente fremd

wären: Zeiten, in den

ich mein Leben als vollkommen

stimmig erfahre und mich selbst

eins mit mir und allem was ist

und sich um mich herum

bewegt.


Das sind besondere Momente,

die mich glauben lassen, dass

Jesu Ansinnen doch nicht nur

ein frommer Wunsch ist,

der niemals in Erfüllung

gehen wird.


Es gibt immer wieder

diese Augenblicke, in denen

der Himmel die Erde berührt

und wir einen Hauch dessen

verspüren dürfen, was Jesus

mit seinem Wunsch, dass alle

ein seien, gemeint hat.


Für mich ist dies ein

Spaziergang am frühen

Morgen durch den Bruch.

Die Ruhe und die Stille,

die mich in dieser Zeit

umfängt, lässt mich innerlich

weit werden und frei.


Auch ein Gottesdienst in

der Gemeinde, zusammen mit

Kindern und Jugendlichen,

schönen und stimmigen

Liedern und Menschen,

die beherzt ihren Glauben

feiern, lässt in mir ein Gefühl

von Aufgehoben- und

Geborgensein

entstehen.


Ganz zu schweigen von

Momenten der Begegnung

mit Menschen, die zu meinem

Leben gehören, mit denen

ich Freude und Leid teilen

kann und die einfach da sind

und für die ich da sein

darf. Sie kommen dem

Wunsch Jesu merkbar

nah.


Gibt es Zeiten dieses

inneren Glücks auch in

Ihrem ganz eigenen Leben?

Wann haben Sie das letzte

Mal eine solche Zufriedenheit

mit sich und der Welt erfahren

können?

Wann war Sie mit sich selbst

so richtig eins und auch mit

anderen und auch mit Gott?


Nennen Sie mir einen

Menschen, der nicht in sich die

Sehnsucht danach trägt,

diese Stimmigkeit

seines Lebens

zu erfahren.


Ein frommer Wunsch.

Zu fromm, um wahr zu

sein: Alle sollen eins sein.

Nein. Es ist ein Wunsch,

mit dem Jesus unserem

Sehnen entgegenkommt.


Und ich glaube, dass

er auch weiß, dass wir

selbst nicht in der Lage

sein werden, die eigene

innere Zerrissenheit

und die unserer Welt

zu besiegen, ansonsten

würde er Gott nicht

darum bitten, dass

die Liebe, mit der er

uns geliebt hat, auch

in uns sei.


Pierre Stutz hat ein

ausdrucksvolles Gebet

formuliert, das meine

Gedanken abzurunden

scheint.


"Eintauchen

in Deine göttliche Hoffnungskraft

heißt jeden Tag neu auftauchen

für eine zärtliche Gerechtigkeit

 

Im Einklang mit sich leben

wohltuende Balance fördern

entfernt uns nicht vom Mitgefühl

bestärkt uns All-ein-s zu sein

 

Bewege Du uns zum aufrechten Gang

lass uns intuitiv-authentisch werden

stärke unsere heilsame Zivilcourage

im unbequemen Widerstand für Frieden

 

Lass uns wirklich glücklich werden

im originellen Entfalten eines

humorvoll-mitfühlenden Daseins

das viele Hoffnungskreise zieht."

 









Share by: