Maria und die Rolle der Frau in der Kirche
- Gedanken zu Aufnahme Mariens in den Himmel
Maria,
ein Mädchen aus
dem Volke. Nichts anderes
ist sie gewesen, nicht mehr
und auch nicht weniger
als du und ich.
Maria,
fest verwurzelt in der
Tradition Israels. Auch
sie ist eine Tochter Abrahams.
Einer der Sterne am Himmel,
wie Gott es dem alten
Mann verheißen hat.
Maria,
Kind eines Volkes, das
von Gott als das seinige
angenommen wird.
Maria,
mit den vielen anderen
wartet sie auf die
Rettung ihres Volkes Israel,
wartet mit den vielen Menschen,
die das eine miteinander
verbindet, das Warten eben -
auf den Messias,
den Erlöser,
den Herrn.
Maria,
im Magnifikat heißt
es, dass Gott auf ihre
Niedrigkeit geschaut hätte.
In der Tat, vor dem Gott
Israels muss sich ein
Mensch klein und
unscheinbar
vorkommen.
„Was ist der
Mensch“, fragt
der Beter eines
Psalms, "dass
du dich seiner
annimmst?"
Doch eben dies
gefällt Gott: Ihre Schlichtheit,
ihre Einfachheit, ihr Leben
im Glauben und Vertrauen,
dass sie mitten im Leben
steht, ihr offenes und reines
Herz. Offen auch für
Gott selbst.
Über sie sucht Gott
Zugang zu den Menschen,
Zugang zu seinem Volk,
Zugang zur Welt,
Zugang zu dir
und mir.
Damit tut Gott Großes
an ihr, sagt das Magnifikat.
Aber nicht nur an ihr
allein. Gott tut mit ihr
Großes an uns allen.
Wir haben allen Grund,
groß von Maria und auch
voneinander zu denken,
weil Gott es tut.
Maria,
im Plane Gottes
kommt ihr eine wichtige
Stellung zu. Kein Mensch
wird Jesus jemals so nahestehen
wie sie. Kein Mensch wird
jemals so viel mit Jesus
leiden wie sie, die Mutter
eben.
Am Ende steht sie mit
einem anderen Jünger allein
unter dem Kreuz. Blick auf den,
den sie durchbohrt haben.
Sieht sein vor Schmerz
verzerrtes Gesicht,
hört sein Rufen,
erlebt Ohnmacht
und Fassungslosigkeit
zugleich.
Weil sie Jesus so nahesteht,
geschieht an ihr, was auch an
ihm geschehen ist. Maria
wird aufgenommen in
den Himmel, mit Leib
und Seele.
Mit ihrem Gesicht,
mit ihrem Herzschlag,
mit ihrem Lachen,
mit ihrem Weinen,
mit ihrer Geschichte,
mit ihrer ganzen Identität.
All das wird nicht
weggewischt, geht
nicht verloren, wird nicht
ausgelöscht, sondern
wird in den Himmel
hineingeholt, damit
es bleibt.
Maria erlebt
als erste das, was uns
allen noch bevorsteht.
Maria ist die von
Gott heimgesuchte
Frau, die gesegnete,
die erlöste.
Maria 2,0 heißt
eine von katholischen Frauen
ins Leben gerufene Initiative,
die als Antwort auf ein
überkommenes Marien-
und Frauenbild entstand.
Sie wehren sich gegen
die Abwertung der Frau.
Daher auch der Zusatz: 2,0.
Er steht für einen Neuanfang.
Frauen machen sich für
eine neue Kirche stark, prangern
Missstände in der Kirche an,
fordern Reformen ein,
stehen für ein neues
Kirchenbild, das sie
in einem Gebet
ins Wort bringen:
In unserer Kirche, im Morgen,
wird das Wort Jesu nicht nur
verkündet, sondern auch gelebt.
Wird der Mensch,
jeder so, wie er ist,
geliebt.
Wird getanzt und gelacht und gefeiert.
Wird das Brot geteilt und das Leid.
Wird der Wein geteilt und die Freude.
In dieser Kirche, im Morgen,
siegen Mut und Liebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl über Angst und Machtgier, Ausgrenzung und Selbstmitleid.
In dieser Kirche, im Morgen,
sind
Frau und Mann
Kind und Greis
Homo und Hetero
arm und reich
gebunden und ungebunden
zusammen und allein.
Willkommen an jedem Ort
und willkommen in jeder Berufung.
Willkommen als lebendiger Widerschein von Gottes liebendem Blick.
Andrea Voß-Frick
Warum tut sich das
System Kirche so schwer
mit der Frauenfrage?
Während Gott auf die
Niedrigkeit Mariens schaut
und an ihr Großes vollbringt,
übersieht die Kirche die
Großartigkeit der Frau an sich
und hält sie klein,
verwehrt ihr das
zu leben, was der
Glaube Berufung
nennt.
Die Kirche versündigt
sind an der Frau,
solange sie ihr
nicht die Wertschätzung
schenkt, die sie wie
jeder andere Mensch
auch, von Anfang an
in den Augen Gottes
besitzt.
Ich meine
damit auch die Wertschätzung
in der Nachfolge Jesu
im priesterlichen
Dienst.
Das schmerzt.
Das tut weh.
Nicht nur
der Frau.
Maria,
in den Himmel aufgenommen,
mit Leib und Seele erlebt sie,
was jedem Menschen verheißen
ist.
Und wir?
Wir sind an unserem Ziel noch
lange nicht angekommen.
Wir kommen ihm näher,
wenn wir in unserer
Kirche endlich anfangen,
voneinander groß
zu denken und Wert
und Würde und die ganz
eigene Berufung des anderen
Menschen, hier die der Frau, nicht
mehr länger in Frage
stellen würden.
Gott macht uns Mut
dazu, wenn er auf Maria
blickt und Zugang durch
sie zu uns Menschen
sucht.
Größer voneinander
denken, auch von der
Rolle der Frau in der
Kirche, können
wir eigentlich
nicht.
Bitten wir Gott darum,
dass er unseren Blick
weitet, unser Begreifen
verändert und uns den
Mut schenkt, die
Schritte aufeinander
zuzugehen, die er in
Maria, der Frau aus
dem Volke, schon
längst gegangen
ist.