Die Texte dieses Tages
gehen mit der Wahrheit über
unser Leben und diese
Welt sehr offen um.
Die Wahrheit,
die sie ansprechen,
heißt für mich persönlich
im Letzten:
Alles ist vergänglich.
Nichts hält auf Dauer.
Nichts währt ewig.
Nichts kann der Mensch
für immer festhalten.
Alles Leben ist vorläufig.
Und auch der Mensch, der
Reichtum in seinem Leben
anstrebt und anhäuft,
bleibt von dieser Wahrheit
betroffen.
Nicht, dass wir um
diese Erfahrung und Wahrheit
nicht wüssten. Immer
wieder holt sie uns gnadenlos ein.
Immer werden wir mit ihr konfrontiert.
Ob es uns gefällt oder nicht und
wir selbst werden dabei
sehr oft nicht gefragt.
Beziehungen gehen zugrunde.
Lebensentwürfe zerbrechen.
Existenzen werden ausgelöscht.
Menschen werden mitten aus
dem Leben gerissen.
Pläne werden
durchkreuzt.
Kriege brechen aus.
Umweltkatastrophen
vernichten menschliches
Leben.
So ist das Leben.
So ist die Welt.
Wir sind ein Teil davon.
Zum Schönreden
gibt es keinen Anlass.
Knallhart ist oftmals
diese Wirklichkeit.
Auch als Christen haben
wir uns dieser Wirklichkeit
menschlichen Lebens zu
stellen.
Auf die Erfahrung, wie
sie das Buch Kohelet festhält,
dass alles nur Windhauch sei,
gibt Paulus zu verstehen:
„Richtet euren Sinn
auf das, was oben ist, nicht
auf das Irdische.“
Bei diesen Worten halte
ich zunächst inne und frage
mich, was sie für mich
heute bedeuten sollen.
Dabei muss ich zunächst verstehen,
dass Paulus vor dem Hintergrund
einer baldigen Wiederkunft Christi
seine Gedanken formuliert.
In Bezug auf dieses zweite
Kommen Jesu, wird für ihn
das Irdische zweitrangig,
nahezu bedeutungslos.
Seine ganze Aufmerksamkeit
gilt der Wiederkunft.
Doch kann ich heute
so leben? Kann ich
die Gegebenheiten dieser
Welt und die Kontexte, in denen
ich mein Leben lebe, einfach als
nebensächlich begreifen,
nicht von Bedeutung und
Belang?
Was wollen mir dann
die vielen wunderbaren
und schönen Momente bedeuten,
die mir das Leben hier und jetzt
schenkt?
Was wollen mir dann die Menschen
bedeuten, die mir in diesem
Leben an die Seite gestellt
werden?
Was will es bedeuten, dass
ich zu einer Liebe
imstande bin, die dem anderen
in meinem Herzen einen festen
Platz einzuräumen
vermag?
Was wollen mir die Freude
und das Glück bedeuten, an
denen ich durch mein Leben
auf Erden Anteil bekommen
soll?
Wie soll ich die Verantwortung
verstehen, die mir heute in
dieser Welt unter Menschen
zukommt und der ich nicht
ausweichen kann?
Nein, all das kann nicht
bedeutungslos sein im Hinblick
auf die Ewigkeit. Was wäre das
für ein Gott, der mich einer Liebe
und einer Verantwortung auf Erden
fähig machte, die am
Ende nicht von Belang wäre?
So kann es nicht gemeint
sein.
Die Wahrheit und die mit
ihr verbundene Erfahrung,
dass vieles von dem, was mein Leben
ausmacht, vergänglich ist,
lädt mich vielmehr dazu ein,
mir zu überlegen, was für mich
tatsächlich in dieser Welt und meinem
ganz eigenen Leben wichtig
sein soll und von Bedeutung.
Es geht darum, zu erkennen,
wie und wodurch der Mensch vor
Gott in dieser Welt reich
werden kann, meint Jesus.
Anders gefragt:
Was macht mich jetzt
wesentlich, innerlich,
bleibend reich?
Wenn alles geht - die Liebe bleibt!
Sie nimmt uns auf die Reise
durch die Unendlichkeit.
Wir kommen und wir gehen
doch die Liebe bleibt.
Die Liebe bleibt, wenn alles geht.
Weil sie das Leben überlebt
Denn sie ist älter als die Zeit
Wenn alles geht die Liebe bleibt!
Die Antwort finde ich in
einem Lied des Sängers
Peter Maffay. Er steht mit seinen
Feststellungen den Worten des
Apostel Paulus sehr nah, der
in seinem Brief an die Korinther
schreibt:
Die Liebe hört niemals auf.
Prophetisches Reden hat ein Ende,
Zungenrede vergeht. Erkenntnis
vergeht. … wenn aber das
Vollendete kommt, vergeht
alles Stückwerk. (1 Kor 13)
Unsere wirkliche Sorge
in diesem Leben sollte der
Liebe gelten und wie wir
Menschen immer mehr
fähig werden, diese Liebe
untereinander zu leben.
Diese eine Sorge um
die Liebe, rückt die anderen
Sorgen um das Leben ein
wenig zur Seite. Sie vertreibt
den Egoismus, der im Letzten
die Wurzel dessen ist,
dass viele Menschen
einfach nur noch an sich
selbst denken
und am anderen vorbeischauen,
vorbeigehen.
Es geht aber schon
lange nicht mehr darum,
dass der Einzelne in dieser
Welt überlebt und mit ihren
Wirklichkeiten zurechtkommt.
Darum ging es eigentlich nie.
Es geht um einen großen
Zusammenhalt aller, der
den Herausforderungen des Lebens
zu begegnen vermag.
Es geht um Solidarität.
Es geht um Gemeinschaft.
Er geht um Miteinander.
Reich vor Gott sind
wir nur dann, wenn wir
uns alle fortwährend
darum bemühen,
dass jene Haltungen
sich einprägen, die
das Miteinander
von Menschen
möglich machen.
Ich glaube, dass
es uns dann auch gelingen
würde, wesentlich verändert mit den
Verlusten dieses Lebens
und seiner Vorläufigkeit
umzugehen.
Wir wären
in vielem einfach nicht
mehr so allein und auf uns
selbst zurückgeworfen.
Vielmehr würden wir
uns in einem großen
Netz der Zuwendung
und der Stärkung
aufgefangen fühlen.
Und was erscheint wichtiger
als eben dies in einer Zeit
so umwerfender und die
Welt und unserer ganz eigenes
Lebens verändernder
Herausforderungen.
In einer Zeit, in der
die Angst und die Unsicherheit
vor der Zukunft des ganz
eigenen Lebens und des
Lebens dieses Planeten
übermächtig zu werden
droht.
In einer Zeit, in der wir
es uns nicht länger und
weiter erlauben dürfen,
ausschließlich an uns
selbst zu denken.
Den eigenen Reichtum
und den Gewinn.
Das eigene Ansehen
und den Einfluss.
Die eigene Macht und
die Geltung.
Diese Zeit sollte uns nicht
nur Sorgen bereiten.
Diese Zeit gibt uns auch
die einmalige Chance,
unser Leben auf ein anderes,
ein neues Fundament zu setzen,
Bisheriges zu überdenken,
Neues miteinander zu wagen,
und dies nicht nur in unserer
Kirche und in unseren Gemeinden,
sondern auch im Großen
dieser Welt und immer auch
von Mensch zu Mensch.
Wenn wir dies jetzt
nicht begreifen wollen,
wann dann?