Kann man es noch deutlicher
sagen, wie sehr das Schicksal von
uns Menschen mit dem Schicksal des
Mannes aus Nazareth zusammen-
hängt und verwoben ist?
„Wenn Tote nicht auferweckt
werden, dann ist auch Christus
nicht auferweckt worden.
Wenn aber verkündet wird,
dass Christus von den Toten
auferweckt worden ist,
wie können dann einige
von euch sagen:
Eine Auferstehung
von den Toten
gibt es nicht?“
Ihren Ursprung findet
diese Verbundenheit zwischen
Jesus und dem Menschen
in der Auferstehung
Jesu von den Toten.
Und zweifelsohne in der
Absicht Gottes, dass der
Mensch Leben habe,
unverstelltes, freies,
heiles und erlöstes
Leben.
Jesus sagt: „Ich bin
gekommen, damit sie
das Leben haben und es
in Fülle haben.“
Das ist der Dreh-
und Angelpunkt
für alles Entscheidende
und Wesentliche in
unserem Leben.
Ein Leben,
ein Glauben,
Christsein erweist sich
als hohl und leer,
wenn wir in uns
nicht diese Hoffnung
auf das Leben hätten,
das Gott uns verheißt.
Gerade sie zeichnet
uns Christen aus.
Nein, sie nimmt uns das
Schwere, das wir in dieser
Welt zu ertragen haben,
nicht ab, jedoch macht sie
es annehmbarer, weil sie
uns eine Perspektive
anbietet und unsere
Sehnsucht lenkt auf
etwas hin, das nicht
aus uns selbst kommen
kann, sondern immer
geschenkt bleibt,
Gnade ist.
Eben davon erzählt
die Offenbarung des
Johannes:
„Dann sah ich
einen neuen Himmel
und eine neue Erde;
denn der erste Himmel
und die erste Erde sind
vergangen.
Gott wird alle Tränen
von den Augen abwischen:
Der Tod wird nicht mehr sein,
keine Trauer, keine Klage,
keine Mühsal.
Denn was früher war,
ist vergangen.
Er, der auf dem Thron saß,
sprach: Seht, ich mache
alles neu.“ (Offb 21)
Christliche Hoffnung
ist umfassender,
ganzheitlicher,
weiterweisender,
wegweisender
über das ganz
Eigene und auch
diese Welt hinaus.
Und das ist gut so,
wie ich meine.
Der Glaube reduziert
unser Hoffen nicht nur
auf das Hier und Jetzt, auf
das was ist und sich uns
oftmals so brutal
in den Weg stellt und
uns an so vielem zweifeln
lassen will, auch an dem,
was man bislang geglaubt
hat.
Wie oft läuft unser Hoffen
in unserem Leben ins Leere.
Bleibt unerfüllt und bekommt
für uns Menschen eben
kein neues Gesicht.
Enttäuschte Hoffnungen.
Wer kennt sie nicht.
Ich meine damit Hoffnungen,
die tiefer reichen,
die die ganze Existenz
eines Menschen betreffen,
sein Leben und auch
den Sinn
dessen.
„Wir aber hatten gehofft …“,
sagen die Jünger am Ostermorgen
zu Jesus auf dem Weg nach
Emmaus, ohne dass sie den
Grund ihrer Hoffnung, Jesus,
neben sich erkennen.
Worauf hoffen Sie?
Welche enttäuschten Hoffnungen
mussten Sie in Ihrem Leben
bereits verarbeiten?
Welche Enttäuschungen
setzen ihnen immer
noch zu?
Manche hoffen,
auf die längst überfällig
gewordene Reform
in unserer Kirche, auf
eine neue Gestalt von
Kirche. Andere haben
diese Hoffnung mittlerweile
verloren und kehren
der Kirche enttäuscht
den Rücken zu.
Manche hoffen,
auf Besserung in ihrer
Krankheit. Sie wollen sich
dem Zerstörerischen in
ihren Körperzellen
nicht hingeben.
Andere verlieren
von Tag zu Tag mehr
diese Hoffnung, weil
sich Krebs nicht aufhalten
lässt und sich seinen
Weg sucht, den Menschen
zu vernichten und zu
zerstören.
„Ich hoffe, dass wir
unsere Beziehung wieder
auf die Reihe bekommen“,
sagte mir eine Frau, die
mittlerweile seit 40
Jahren mit ihrem Mann
verheiratet ist.
Als sie unlängst vor mir
stand hatte sie Tränen
in ihren Augen.
Sie musste
sich nicht weiter
erklären.
Inmitten dieser Erfahrungen
finden für mich die Seligpreisungen
Jesu ihren Platz.
Sie nehmen die Realitäten
dieser Welt und unseres
eigenen Lebens in den Blick.
Sie beschönigen sie nicht.
Sie erklären sich aber auch
nicht mit ihnen einverstanden.
Im Gegenteil.
Sie stellen uns
Menschen etwas in Aussicht.
Sie weiten uns den Blick.
Sie lassen uns mit etwas
rechnen, womit wir schon
lange nicht mehr gerechnet
haben. Sie wollen neue
Hoffnung in uns wecken.
Es ist die Hoffnung auf
einen neuen Morgen,
von dem Gregor Linßen
in einem seiner Lieder
spricht:
„Herr, du bist die Hoffnung,
wo Leben verdorrt,
auf steinigem Grund wachse in mir,
sei keimender Same, sei sicherer Ort,
treib Knospen und blühe in mir.
Und ein neuer Morgen
bricht auf dieser Erde
an in einem neuen Tag,
blühe in mir.
Herr, du bist die Güte,
wo Liebe zerbricht,
in kalter Zeit, atme in mir
sei zündender Funke, sei wärmendes Licht,
sei Flamme und brenne in mir.
Und ein neuer Morgen
bricht auf dieser Erde
an in einem neuen Tag,
brenne in mir.
Herr, du bist die Freude,
wo Lachen erstickt,
in dunkler Welt, lebe in mir,
sei froher Gedanke, sei tröstender Blick,
sei Stimme und singe in mir.
Und ein neuer Morgen
bricht auf dieser Erde
an in einem neuen Tag,
singe in mir.“
Wir dürfen dieses
Singen niemals aufgeben,
für uns nicht und auch
für den anderen nicht.
Diese Singen, das in sich die
Hoffnung auf diesen
neuen Morgen trägt,
den Tag, an dem alles
einmal anders sein
wird und wie wir uns
ihn in unseren
kühnsten Träumen
nicht auszudenken
wagen.
Die Kraft dazu finden
wir in ihm, Gott, allein.
Denn er ist die Hoffnung
in aller Hoffnungslosigkeit.
Er überlässt uns nicht
der Resignation und
der Enttäuschung.
Er setzt dort einen
neuen Anfang, wo
wir selbst nur das
Ende und das Aus
erkennen wollten.
Ermutigung,
so heißt ein Gedicht des
Liedermachers Wolf Biermann.
Ich will es an das Ende meiner
Gedanken stellen.
„Du, lass dich nicht
verhärten in dieser harten
Zeit. Die allzu hart sind brechen.
Die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.
Du, lass dich nicht
verbittern in dieser bittren
Zeit. Die Herrschenden erzittern –
sitzt du erst hinter Gittern –
Doch nicht vor deinem Leid.
Du, lass dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wollen sie doch bezwecken,
dass wir die Waffen strecken,
schon vor dem großen Streit.
Du, lass dich nicht verbrauchen.
Gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen.
Du brauchst uns, und wir
brauchen grad deine Heiterkeit.
Wir wolln es nicht verschweigen.
In dieser Schweigezeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen.
Wir wolln es allen zeigen.
Dann wissen sie Bescheid.“
Ich
wünschte mir, dass
sich viele von uns
zu neuer Hoffnung ermutigen
ließen, in einer Zeit, in
der Hoffnung für viel
zu einem Fremdwort
geworden ist.