Die einen fragen
unsicher nach, fast
angstvoll: „Herr, sind
es nur wenige, die gerettet
werden?“
Die anderen
mühen sich und werden
eingelassen.
Wieder
andere werden nicht
erkannt und abgewiesen.
Andere, von denen
es keiner vermutet
hätte, finden einen
Zugang und wie
selbstverständlich
einen Platz am Tisch
im Reich Gottes.
Ein ziemliches Durcheinander,
wie ich meine. Wer behält dabei
noch den Überblick? Wer blickt
da noch durch?
Dabei scheint es so
klar und eindeutig
zu sein.
Gott, weist
niemanden ab.
Keinen einzigen
Menschen.
Gott hält seine Tür
für alle offen.
Gott hört das Klopfen
eines Menschen und öffnet
ihm höchst persönlich.
Das ist mein
Glaube. Dazu stehe
ich. Davon spricht
auch das Evangelium.
Und auch das Umgekehrte
wird benannt: Dass Gott
selbst an die Tür des Herzens
eines Menschen klopft
und um Einlass bittet.
Und, dass wir ihn
einlassen, auch das
hat seine Konsequenzen.
Das Buch der Offenbarung
bringt es ins Wort:
„Siehe, ich stehe vor der Tür
und klopfe an. Wenn jemand
meine Stimme hören wird
und die Tür auftun,
zu dem werde ich hineingehen
und das Abendmahl mit ihm
halten und er mit mir.“ Offb 3,20
Das ist die Perspektive, die
uns der christliche Glaube
eröffnet. Das ist ganz und gar
frohe Botschaft für jeden,
der sie hören und für
sich annehmen
will.
Am Ende steht
die Gemeinschaft des
Menschen mit Gott.
So unverstellt, wie
man sie nur erahnen
kann. Da gibt es nichts
mehr was Mensch
und Gott voneinander
trennen könnte
und da gibt es auch
nichts mehr, was sich
zwischen Menschen
stellen könnte und
Einvernehmen und
Miteinander
behindern
würde.
Welche Rolle spielt
dabei der Einzelne
für den anderen?
Welche Rolle spielen
Du und ich?
Welche Rolle spielt
dabei die Kirche
für die Menschen?
Um beim Bild von der
engen Tür zu bleiben,
geht es darum,
dass jeder von uns eine
Tür bedeutet, durch die Gott
Zugang finden will
zu dieser Welt und
zum Menschen.
Um beim Bild von der
engen Tür zu bleiben,
geht es darum,
eine Vermittlerrolle einzunehmen,
so wie sie Christus selbst eingenommen
hat, als er es durch sein Auftreten,
Reden und Tun anderen Menschen
ermöglicht hat, einen Zugang
zu Gott zu finden.
Finden andere durch
mich zum Glauben an Gott?
Bin ich durch mein Leben
durchlässig für das größere
Geheimnis, das sich hinter
meinem Leben verbirgt?
Wodurch in meinem
Leben mache ich
Gott für andere
interessant?
Schauen Sie dabei
einmal genauer hin:
in ihre Familie,
in den Kreis Ihrer
Freunde und Bekannte,
in die Zusammenhänge,
in denen Sie sich bewegen.
Um beim Bild von der
engen Tür zu bleiben,
geht es für die Kirche darum,
sich als Tür zu zeigen, die
einladend wirkt, Interesse
weckt, Lust macht,
durch sie
hindurchzugehen und
so zu Gott und einer
Gemeinschaft von
Menschen zu finden,
die an ihn glauben;
die diesen Glauben leben;
die diesen Glauben feiern;
die diesen Glauben teilen,
denen zu glauben Freude
macht.
Es stellen sich mit dem
Blick auf die Kirche
so ziemlich die gleichen
Fragen, wie im Hinblick
auf dich und mich:
Finden Menschen
durch die Kirche zum
Glauben an Gott?
Ist das System Kirche
durchlässig für das größere
Geheimnis, das sich hinter
ihr verbirgt?
Wodurch macht Kirche
Gott für andere
interessant und den
Glauben an ihn
zu etwas, das
man unbedingt
besitzen sollte?
Schauen Sie dabei
einmal genauer hin:
von Banknachbar
zu Banknachbar,
von Gemeinde zu
Gemeinde,
auf unsere Pfarrei
im Ganzen und jeden
und jede einzelne,
die fern sind von
der Kirche und ihnen
selbst doch in ihrem
sozialen Umfeld so nah.
Finden Menschen
durch die Kirche zum
Glauben an Gott?
Ist das System Kirche
durchlässig für das größere
Geheimnis, das sich hinter
ihr verbirgt?
Wodurch macht Kirche
Gott für andere
interessant und den
Glauben an ihn
zu etwas, das
man unbedingt
besitzen sollte?
Bei den Fragen
komme ich ins
Stocken. Zugegeben.
Und ich frage mich,
ob das System Kirche,
so wie es sich Menschen
gegenüber zeigt, wirklich
eine Tür zu Gott hin
ist?
Haben Sie möglicherweise
Ihre eigenen Zweifel und Anfragen?
Ich habe sie und das
macht mich traurig.
Es macht mich traurig,
dass diese Kirche, vielen
Menschen die Tür, vor
der Nase einfach zugeschlagen
hat, die sich ihr annähern
wollten, die anklopfen wollten,
die um Einlass bitten wollten
und die am Ende draußen
bleiben mussten, weil sie
so anders waren als
gedacht:
Geschieden.
Wiederverheiratet.
Konfessionsunterschiedlich.
Homosexuell.
Aufbegehrend.
Kritisch. Allzu sehr.
Kurz:
Für viele in dieser Kirche
in jeder Hinsicht quere
Menschen.
Es ist für mich ein
Trost zu wissen, dass Gott
selbst jenen in die Quere
kommt, die sich gerne
als Türhüter verstehen
möchten und über
Einlass oder Abweisung
entscheiden wollen;
über Richtig oder
Falsch.
Es ist für mich ein
Trost zu wissen, dass am
Ende ausgerechnet, die, die
sich als Erste wähnen, die
Letzten sein werden,
weil Gott selbst ihrem
oftmals so selbstherrlichen
Denken und Benehmen in die Quere
kommt und weil ihn
Barmherzigkeit und
Güte auszeichnen,
die Offenheit der
weiten Tür.
Menschen haben es
schwer, immer mehr,
diese Kirche mit Gott
in Verbindung zu bringen.
„Jesus ja, Kirche nein!“
So heiß vor vielen
Jahren ein Schlagwort.
Es macht darauf
aufmerksam, dass
das Leiden an der
Kirche schon immer
ein Thema gewesen
war und nie aufgehört
hat, es zu sein.
Dabei ist dieses Wort
in sich schon ein Widerspruch.
Ich kann Kirche nie ohne
Jesus denken. Dort wo
Kirche ist und ehrlich
ihrem Auftrag nachkommt,
da ist auch Jesus.
Und auch umgekehrt gilt:
Wo immer Menschen sich um
den Mann aus Nazareth zusammenfinden,
seine Worte hören, Glauben miteinander
feiern und teilen, das Brot miteinander
brechen und den Wein einander
reichen, da ist Kirche.
So auch heute.
So auch hier.
So auch jetzt.
Und auch das ist ein
Trost für mich, zu wissen,
dass wir in Jesu Absicht
mehr Kirche sind als wir uns
dessen möglichweise bewusst
sind.
Ich weiß um Begegnungen
in kleinen kirchlichen Gemeinschaften
des Glaubens, die für viele
zu einer Tür zu Gott und
zum Glauben an ihn
geworden sind.
Ich weiß um einzelne
Menschen, die in ihrem Alltag,
ohne dass sie sich dessen
möglichweise bewusst sind,
der Kirche ein Gesicht geben,
das freundlich wirkt, das
offen ist, das einlädt
und etwas von
der Menschenfreundlichkeit
ihres Gottes ausstrahlt.
Nein, die Frage ist
für mich nicht die, ob
es nur wenige sind, die
gerettet werden.
Die Frage ist für mich
vielmehr die, wie wir
uns mit allen Kräften
mehr darum bemühen
können, wieder mehr zu dem zu
werden, wie Gott uns als
Kirche gedacht hat.
Ein Gebet lässt mich
die Antwort erahnen:
In unserer Kirche, im Morgen,
wird das Wort Jesu nicht nur
verkündet, sondern auch gelebt.
Wird der Mensch,
jeder so, wie er ist,
geliebt.
Wird getanzt und gelacht und gefeiert.
Wird das Brot geteilt und das Leid.
Wird der Wein geteilt und die Freude.
In dieser Kirche, im Morgen,
siegen Mut und Liebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl über Angst und Machtgier, Ausgrenzung und Selbstmitleid.
In dieser Kirche, im Morgen,
sind
Frau und Mann
Kind und Greis
Homo und Hetero
arm und reich
gebunden und ungebunden
zusammen und allein.
Willkommen an jedem Ort
und willkommen in jeder Berufung.
Willkommen als lebendiger Widerschein von Gottes liebendem Blick.