"Kirchen-Tür"

"Kirchen-Tür" - Lk 13,22-30


Die einen fragen

unsicher nach, fast

angstvoll: „Herr, sind

es nur wenige, die gerettet

werden?“

Die anderen

mühen sich und werden

eingelassen.

Wieder

andere werden nicht

erkannt und abgewiesen.

Andere, von denen

es keiner vermutet

hätte, finden einen

Zugang und wie

selbstverständlich

einen Platz am Tisch

im Reich Gottes.


Ein ziemliches Durcheinander,

wie ich meine. Wer behält dabei

noch den Überblick? Wer blickt

da noch durch?


Dabei scheint es so

klar und eindeutig

zu sein.


Gott, weist

niemanden ab.

Keinen einzigen

Menschen.

Gott hält seine Tür

für alle offen.

Gott hört das Klopfen

eines Menschen und öffnet

ihm höchst persönlich.


Das ist mein

Glaube. Dazu stehe

ich. Davon spricht

auch das Evangelium.


Und auch das Umgekehrte

wird benannt: Dass Gott

selbst an die Tür des Herzens

eines Menschen klopft

und um Einlass bittet.


Und, dass wir ihn

einlassen, auch das

hat seine Konsequenzen.

Das Buch der Offenbarung

bringt es ins Wort:


„Siehe, ich stehe vor der Tür

und klopfe an. Wenn jemand

meine Stimme hören wird

und die Tür auftun,

zu dem werde ich hineingehen

und das Abendmahl mit ihm

halten und er mit mir.“ Offb 3,20


Das ist die Perspektive, die

uns der christliche Glaube

eröffnet. Das ist ganz und gar

frohe Botschaft für jeden,

der sie hören und für

sich annehmen

will.


Am Ende steht

die Gemeinschaft des

Menschen mit Gott.

So unverstellt, wie

man sie nur erahnen

kann. Da gibt es nichts

mehr was Mensch

und Gott voneinander

trennen könnte

und da gibt es auch

nichts mehr, was sich

zwischen Menschen

stellen könnte und

Einvernehmen und

Miteinander

behindern

würde.


Welche Rolle spielt

dabei der Einzelne

für den anderen?

Welche Rolle spielen

Du und ich?

Welche Rolle spielt

dabei die Kirche

für die Menschen?


Um beim Bild von der

engen Tür zu bleiben,

geht es darum,

dass jeder von uns eine

Tür bedeutet, durch die Gott

Zugang finden will

zu dieser Welt und

zum Menschen.


Um beim Bild von der

engen Tür zu bleiben,

geht es darum,

eine Vermittlerrolle einzunehmen,

so wie sie Christus selbst eingenommen

hat, als er es durch sein Auftreten,

Reden und Tun anderen Menschen

ermöglicht hat, einen Zugang

zu Gott zu finden.


Finden andere durch

mich zum Glauben an Gott?

Bin ich durch mein Leben

durchlässig für das größere

Geheimnis, das sich hinter

meinem Leben verbirgt?

Wodurch in meinem

Leben mache ich

Gott für andere

interessant?


Schauen Sie dabei

einmal genauer hin:

in ihre Familie,

in den Kreis Ihrer

Freunde und Bekannte,

in die Zusammenhänge,

in denen Sie sich bewegen.


Um beim Bild von der

engen Tür zu bleiben,

geht es für die Kirche darum,

sich als Tür zu zeigen, die

einladend wirkt, Interesse

weckt, Lust macht,

durch sie

hindurchzugehen und

so zu Gott und einer

Gemeinschaft von

Menschen zu finden,

die an ihn glauben;

die diesen Glauben leben;

die diesen Glauben feiern;

die diesen Glauben teilen,

denen zu glauben Freude

macht.


Es stellen sich mit dem

Blick auf die Kirche

so ziemlich die gleichen

Fragen, wie im Hinblick

auf dich und mich:


Finden Menschen

durch die Kirche zum

Glauben an Gott?

Ist das System Kirche

durchlässig für das größere

Geheimnis, das sich hinter

ihr verbirgt?

Wodurch macht Kirche

Gott für andere

interessant und den

Glauben an ihn

zu etwas, das

man unbedingt

besitzen sollte?


Schauen Sie dabei

einmal genauer hin:

von Banknachbar

zu Banknachbar,

von Gemeinde zu

Gemeinde,

auf unsere Pfarrei

im Ganzen und jeden

und jede einzelne,

die fern sind von

der Kirche und ihnen

selbst doch in ihrem

sozialen Umfeld so nah.


Finden Menschen

durch die Kirche zum

Glauben an Gott?

Ist das System Kirche

durchlässig für das größere

Geheimnis, das sich hinter

ihr verbirgt?

Wodurch macht Kirche

Gott für andere

interessant und den

Glauben an ihn

zu etwas, das

man unbedingt

besitzen sollte?


Bei den Fragen

komme ich ins

Stocken. Zugegeben.

Und ich frage mich,

ob das System Kirche,

so wie es sich Menschen

gegenüber zeigt, wirklich

eine Tür zu Gott hin

ist?


Haben Sie möglicherweise

Ihre eigenen Zweifel und Anfragen?

Ich habe sie und das

macht mich traurig.


Es macht mich traurig,

dass diese Kirche, vielen

Menschen die Tür, vor

der Nase einfach zugeschlagen

hat, die sich ihr annähern

wollten, die anklopfen wollten,

die um Einlass bitten wollten

und die am Ende draußen

bleiben mussten, weil sie

so anders waren als

gedacht:


Geschieden.

Wiederverheiratet.

Konfessionsunterschiedlich.

Homosexuell.

Aufbegehrend.

Kritisch. Allzu sehr.

Kurz:

Für viele in dieser Kirche

in jeder Hinsicht quere

Menschen.


Es ist für mich ein

Trost zu wissen, dass Gott

selbst jenen in die Quere

kommt, die sich gerne

als Türhüter verstehen

möchten und über

Einlass oder Abweisung

entscheiden wollen;

über Richtig oder

Falsch.


Es ist für mich ein

Trost zu wissen, dass am

Ende ausgerechnet, die, die

sich als Erste wähnen, die

Letzten sein werden,

weil Gott selbst ihrem

oftmals so selbstherrlichen

Denken und Benehmen in die Quere

kommt und weil ihn

Barmherzigkeit und

Güte auszeichnen,

die Offenheit der

weiten Tür.


Menschen haben es

schwer, immer mehr,

diese Kirche mit Gott

in Verbindung zu bringen.

„Jesus ja, Kirche nein!“

So heiß vor vielen

Jahren ein Schlagwort.


Es macht darauf

aufmerksam, dass

das Leiden an der

Kirche schon immer

ein Thema gewesen

war und nie aufgehört

hat, es zu sein.


Dabei ist dieses Wort

in sich schon ein Widerspruch.

Ich kann Kirche nie ohne

Jesus denken. Dort wo

Kirche ist und ehrlich

ihrem Auftrag nachkommt,

da ist auch Jesus.


Und auch umgekehrt gilt:

Wo immer Menschen sich um

den Mann aus Nazareth zusammenfinden,

seine Worte hören, Glauben miteinander

feiern und teilen, das Brot miteinander

brechen und den Wein einander

reichen, da ist Kirche.


So auch heute.

So auch hier.

So auch jetzt.


Und auch das ist ein

Trost für mich, zu wissen,

dass wir in Jesu Absicht

mehr Kirche sind als wir uns

dessen möglichweise bewusst

sind.


Ich weiß um Begegnungen

in kleinen kirchlichen Gemeinschaften

des Glaubens, die für viele

zu einer Tür zu Gott und

zum Glauben an ihn

geworden sind.


Ich weiß um einzelne

Menschen, die in ihrem Alltag,

ohne dass sie sich dessen

möglichweise bewusst sind,

der Kirche ein Gesicht geben,

das freundlich wirkt, das

offen ist, das einlädt

und etwas von

der Menschenfreundlichkeit

ihres Gottes ausstrahlt.


Nein, die Frage ist

für mich nicht die, ob

es nur wenige sind, die

gerettet werden.

Die Frage ist für mich

vielmehr die, wie wir

uns mit allen Kräften

mehr darum bemühen

können, wieder mehr zu dem zu

werden, wie Gott uns als

Kirche gedacht hat.


Ein Gebet lässt mich

die Antwort erahnen:


In unserer Kirche, im Morgen, 
wird das Wort Jesu nicht nur

verkündet, sondern auch gelebt.

Wird der Mensch,
jeder so, wie er ist,
geliebt.

Wird getanzt und gelacht und gefeiert.
Wird das Brot geteilt und das Leid.
Wird der Wein geteilt und die Freude.

In dieser Kirche, im Morgen, 
siegen Mut und Liebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl über Angst und Machtgier, Ausgrenzung und Selbstmitleid.

In dieser Kirche, im Morgen, 
sind 
Frau und Mann
Kind und Greis
Homo und Hetero
arm und reich
gebunden und ungebunden
zusammen und allein.

Willkommen an jedem Ort

und willkommen in jeder Berufung.
Willkommen als lebendiger Widerschein von Gottes liebendem Blick.


Share by: