Abraham.
Die Bibel beschreibt
ihn als einen Mann des Glaubens.
Noch im hohen Alter verlässt
er kinderlos seine Heimat
und folgt den Spuren
Gottes, einem Weg,
den er nicht kennt
und um dessen
Ende er nicht
weiß.
Was ihm gegeben wird,
ist eine Verheißung.
Gott verweist ihn auf
die Sterne am Himmel
und verspricht:
„So zahlreich werden
deine Nachkommen sein.“
Bislang Unvorstellbares
wird durch Gottes Verheißung
konkret und wirklich:
Nachkommenschaft
und neues Land.
Wichtige Lebensgrundlagen
im Alten Orient, die ein
gelingendes Leben
und Zukunft
ausmachen.
Die Sehnsucht Abrahams
nach Heimat und Leben
findet ein Ziel. Gott
sagt es zu.
Die Antwort Abrahams
auf Gottes Verheißung
ist sein Glaube.
„Und er glaubte dem
Herrn.“
Welche Sehnsucht ist es,
die Sie ganz persönlich
erfüllt? Schon immer, oder
gerade heute, gerade jetzt?
Und wie ist Ihnen
Gott in dieser Sehnsucht
bereits entgegengekommen?
Durch was? Durch wen?
Gab es ein Versprechen,
eine Zusage seinerseits
an Sie?
Und sollte es irgendeine
Verheißung an Ihr Leben
bereits gegeben haben,
haben Sie Gott Glauben
geschenkt?
Worin hat sich dieser
Glaube in ihrem Leben
gezeigt? Was hat er Ihnen
möglich gemacht?
Abraham glaubt.
Und dennoch fragt er
nach: „Woran soll ich
erkennen, dass ich es
zu eigen bekomme?“
Abraham fordert ein
Zeichen. Gott lädt Abraham
zu einer im alten Orient üblichen
Zeremonie ein. Sie bereitet
den Bundesschluss vor.
Abraham legt Opfertiere
bereitet. Doch die Vögel
des Himmels, Raubvögel,
wollen sich auf
die Fleischreste
stürzen.
Abraham ist damit
beschäftigt, sie zu
verjagen.
Am Ende bekommt
es Abraham mit der Angst
zu tun. Dunkelheit
überkommt
ihn.
Gottes Verheißungen
liegen in der Tiefe
eines jeden Menschenherzens.
Es gibt Momente, da können
wir sie erahnen und wir haben
das Gespür, dass es so sein
kann und dass es stimmig
ist mit unserem Leben,
zwischen uns und
unserem Gott. Wir
fühlen uns wie
versöhnt mit
all dem, was
ist.
Dann strahlt uns auf,
was Gott mit uns und unserem
Leben gemeint hat und uns
überkommt eine große
innere Ruhe. Wir fühlen
uns in unserer Mitte
angekommen und
Gott unendlich
nah.
Aber dann, dann
kommen die Vögel des Himmels,
Raubvögel, und möchten
alles niedermachen und
zerstören, was sich aufgebaut
hat an Vertrauen und Glauben
an unseren Gott, an das
Leben, an die Welt.
Das können Zweifel sein,
Zweifel an Gottes Zusagen
angesichts all dessen, was in
dieser Welt passiert und
so sehr seinen Zusagen
widerspricht.
Huuib Osterhuis formuliert sie so:
„Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt? Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen. Von Zweifeln ist mein Leben übermannt, mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand, in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben? Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land? Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?“
Wer zweifle nicht; wer ginge nicht
an Gott in die Irre, blickt er auf das
schreckliche Morden in der Ukraine
und anderenorts in dieser Welt.
Auf all die vielen Anfragen an das Leben und seinen Sinn? Auf all die Widersprüche, die uns das Leben zumutet.
Wie oft sind Sie persönlich
schon in die Nähe eines solchen
Zweifels geraten? Wie oft
an Gott in die Irre gegangen?
Nein, wir Menschen sind
über den Zweifel nie erhaben.
Er kommt und er geht.
Einmal packt er uns stärker
ein anderes Mal weniger
hart. Aber immer fragt
er uns in unserem Glauben
an:
Was sind wir bereit,
angesichts der Gegensätzlichkeiten
in diesem Leben von Gott
zu glauben? Wir pendeln
möglichweiser hin und
her zwischen einem
Alles und Nichts.
Gott vollendet das Ritual
auf sein Weise. Abraham
sieht Gott im Bild der durchziehenden
Feuerfackel. Inmitten der Angst
dieses Nomaden gibt Gott
seine Zusage. Mitten im
Dunkel beharrt Gott auf
sein Versprechen:
Dir wird Zukunft gegeben.
Du wirst Raum zum Leben haben.
Es gibt keinen anderen Text
im Alten Testament, der Gott
stärker in die Pflicht nimmt,
als dieser, und in dem Gott dem
Menschen von sich aus zusichert,
dass er für ihn da sein will.
Gott bindet sich an
Abraham. Gott bindet
sich an den
Menschen.
Worauf käme es demnach
für uns selbst an, dann, wenn
so vieles in Frage steht und
möglicherweise eine
ganze Welt Kopf und
all das, was bislang
unser Vertrauen
begründet hat in
den Gott, der uns
Leben sein will?
Pierre Stutz hat es
in einem seiner neueren
Gedichte für mich treffend
sehr zeitgemäß
auf den Punkt
gebracht:
„Im Einklang mit mir selbst
sein, meine Erstarrung
durchbrechen,
in meiner heilenden Wut
zu einem Vertrauensschrei
finden.
Im eigenen Schmerz
eine solidarische Nähe aufbauen
zu all den Menschen, die
auf der Flucht sind.
Im eigenen Erschrecken
über die Bosheit vieler Menschen
eintauchen in Deine Hoffnungsquelle,
die zur Solidarität bewegt.
Nie mich gewöhnen
an all die sinnlosen Kriege,
die Deine Gegenwart
massiv in Frage stellen.
Dich trotzdem leben."