Was für ein Text!
Je mehr ich mich mit
ihm auseinandersetze und
ihn auf mich wirken lasse,
desto mehr fühle ich mich
in die Ecke gedrängt.
Er wirft mehr Fragen auf,
als er Antworten gibt.
Er provoziert mehr als
er beruhigen könnte.
Er holt mich aus meiner
Komfortzone heraus
und weist mich auf die
Notwendigkeit hin,
gerade doch als Christ
in einer Welt voller
Widersprüche Stellung
zu beziehen, meinen Glauben
zu leben und dies
in aller Konsequenz.
Was für ein Text!
Ich komme nicht umhin,
diesen Text mit den
Herausforderungen
unserer Zeit in Verbindung
zu bringen und mich zu fragen,
was er mir bedeuten will in dieser Zeit,
in der die Welt Kopf steht und
so vieles aus den Fugen
zu geraten scheint.
Was für ein Text!
Natürlich vernehme
ich auch die Vorwürfe, die mich treffen,
dass ich und andere mehr tun könnten:
Gegen diesen schrecklichen Krieg
in der Ukraine und für alles,
was uns in diesen Tagen einlädt,
gute Lösungen und
Möglichkeiten der Deeskalation
zu finden;
gegen den ganzen Frust
und das Ungute in der Kirche
und für alles, was diese Kirche
den Menschen wieder näher zu bringen
vermag und die Kirche selbst ihren ursprünglichen Absichten,
den Menschen Heil
zukommen zu lassen und
die frohe Nachricht zu sagen;
gegen alles,
was in die verkehrte Richtung
zu laufen scheint,
auch in unserer Gesellschaft
und für ein Miteinander von Menschen,
die ohne den anderen nicht überlebensfähig sind.
In der Tat:
Luft nach oben bleibt immer.
Immer noch gibt es Raum dafür,
Christsein konsequenter,
authentischer, echter und
entsprechender zu leben.
Doch für welchen Preis?
Was für ein Text!
Er verweist mich auf
Jesus Christus.
Er sagt, dass er bis
zum Äußersten ging.
Mit dem Blick auf das
seinem Leben Verheißene
scheut er sich nicht,
sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Um eines größeren Gutes wegen:
Heil und erlöstes Leben.
Ich frage mich,
was dies für mich persönlich
zu bedeuten hat: Mein Leben aufs Spiel zu setzen. Mich meinem Schicksal zu stellen. Es ihm gleich zu tun und mich hinzugeben.
Ich weiß nicht, ob ich das kann.
Ich weiß auch nicht, ob mir tatsächlich nichts anderes übrigbleibt, als klein beizugeben, immer dann, wenn es hart auf hart kommt. Sie?
„Der Klügere gibt nach“, heißt es,
aber was ist in diesem oder jenem Fall das Kluge, das getan werden muss und dies zur Rettung von Mensch und Welt?
Die Meinungen gehen auseinander.
Es gibt nicht die Lösung. Am Ende
steht jeder allein. Wirklich?
Was für ein Text.
Von Zeugen ist die Rede,
die über ihren eigenen Schatten
gesprungen sind,
die es gewagt haben,
die sich selbst vergessen haben,
das ganz Eigene,
die Christus nachgefolgt sind.
Sie könnten uns ermutigen
das im Glauben als richtig
Erkannte zu tun, zu leben,
zu sein.
So wie es Christus
selber getan hat,
als der das Kreuz auf sich nahm.
Er hat nicht selbst Gewalt ausgeübt,
nicht blutig dreingeschlagen,
nicht den Feind vernichtet,
sondern die gegen ihn geübte Gewalt ausgehalten.
Auf der anderen Seite
hat er sich aber auch zu wehren gewusst.
Sein Wort war oft stärker als manche Waffe in den Händen seiner Gegner.
Jeder, der es ihm gleichtun will,
muss sich des ganzen Unterfangens
bewusst sein!
Was für ein Text!
Ich fürchte mich davor,
ihn in aller Konsequenz
für mich auszudenken und
entsprechend zu handeln.
So weit bin ich dann
doch noch nicht.
Luft nach oben bleibt immer.
Dass ich über mich selbst
hinauswachsen kann,
das traut er mir zu.
Die letzten Zeilen sagen,
dass immer noch mehr getan werden
kann für diese Welt,
für den Menschen;
getan werden kann
gegen alles Vernichtende
und Zerstörende und
Sinnlose. Ich weiß es.
Ich will lernen über
meinen Schatten zu springen.
Immer mehr, um mich
am Ende in den Händen
dessen wiederfinden zu können, dessen Verheißung sich auch über mein Leben legt:
Die Verheißung eines neuen Himmels
und einer neuen Erde.
Was für ein Text!
Ich spüre, dass ich noch lange
nicht mit ihm fertig bin. Er bleibt eine Anfrage. Fordert weiterhin heraus. Provoziert.
Stellt auf einen neuen Weg,
der so ganz anders ist, als die schon ausgetretenen Wege, die zu gehen sich Menschen bisher als Lösung
gewählt haben.
Diesen neuen Weg finde
ich beschrieben in Jesu eigenem Weg.
Bei ihm, der ganz für andere da gewesen war,
an dem ich mein Leben immer wieder zu messen habe, ohne den eigenen Interessen den Vorzug zu lassen.
Ihn will ich darum bitten,
mir den Mut zu neuem Tun zu geben
und mich aus alten Gleisen
herauszureißen.
Christus selbst möge
mir Grund sein, mich an meinem Leben zu erfreuen und mich selbst zu einem Anlass für andere werden lassen, in dieser Welt nicht immer nur das Böse zu sehen,
sondern auch das Gute,
das wir einander geben
und das er groß machen
und vollenden wird.
Was für ein Text!
Was für eine Perspektive,
inmitten dieser
herausfordernden Zeit!
Pierre Stutz macht
diese Perspektive für
sich persönlich konkret
in einem seiner Gedichte:
Mitten in der Härte des Lebens
einander schweigend beistehen
mit duftendem Öl sich gegenseitig
die Hände segnend massieren
Mitten im großen Weltschmerz
einander lächelnd begegnen
Dich feiern als Vertrauenskraft
die als innerste Mitte in uns ist
Mitten im schmerzvollen
Abschied eines geliebten
Menschen vom unendlichen
Leben erzählen in das wir
liebend eingebunden sind
Mitten in den zerstörten Häusern
einander zärtlich umarmen
berührende Chansons singen
die erinnern an heilende
Solidarität.